/ Juni 22, 2021

Eine jahrhundertealte Tradition mit einzigartigen Sonderrechten im Stadtgebiet von Grevenbroich

Woher stammt diese Traditon?
Böllerschießen, bairisch-österreichisch auch Prangerschießen, ist eine Tradition, bei der an besonderen Festen und Ereignissen mit speziellen Böllergeräten und Schwarzpulver mindestens ein Knall erzeugt wird. Die Schützen nennt man Böllerschützen oder Prangerschützen. Sie sind oft als eigene Vereine organisiert, oder als Abteilung in einem Schützenverein oder Brauchtumspfegeverein integriert. Die Schützen treten meist in Tracht oder historischen Uniformen auf.

Das Böllerschießen findet an besonderen Festtagen statt, „um böse Geister zu vertreiben und die anstehende Zeit mit guten Vorzeichen zu beginnen“. Zum anderen wird teilweise auch bei Schützenfesten und bei Beerdigungen von Kriegsveteranen und langjährigen Vereinsmitgliedern in Schützen- und Veteranenvereinen geschossen, sowie Ehrensalut für hohe Gäste bei Veranstaltungen.

Auch zum sakramentalen Segen bei Kirchweihfesten, an den Außenaltären bei Prozessionen zu Fronleichnam oder einer Hagelprozession ist das Böllern üblich. Die Geschichte des Böllerschießens lässt sich bis in das 14./15. Jahrhundert zurückverfolgen, wenngleich belegte Chroniken rar sind. (Quelle: Wikipedia)

Es ist aufgezeichnet, dass in Hemmerden bereits seit 1564 zum Schützenfest und an Fronleichnam geböllert wurde. Die Bruderschaft besaß damals schon eine große Anzahl an Böllern, den heute noch sogenannten „Katzeköpp“. Bereits im Jahre 1874 wurde dem Jägerzug „Germania“ vom Vorstand nahegelegt, die Verantwortung für das Böllern in die Zuggemeinschaft fest zu übernehmen, wo sie auch bis heute noch liegt. Nachdem viele Jahre lang Aloys Seekircher die Verantwortung trug, liegt sie nun schon seit einigen Jahren in den bewährten Händen von Jürgen Wolf, Paul Düren  und Uwe Mertens.

Da beim Böllern echtes Schwarzpulver verwendet wird, sind die Sicherheitsmaß nahmen und behördlichen Auflagen, was die Lagerung und die Verwendung des Sprengstoffes angeht, entsprechend hoch. So haben die ausführenden Personen z.B. die Schieß- und Sprengmeisterprüfung ablegen müssen, um offiziell böllern zu dürfen. Auch die aktuell 22 vorhandenen „Katzeköpp“, die ein Gesamtgewicht von weit über 700 kg auf die Waage bringen, müssen regelmäßig aufwändig und kostenintensiv von einem Spezial-Unternehmen überprüft werden, um die Verlängerung der Nutzungserlaubnis zu erhalten. In den vergangenen Jahrzehnten mussten deshalb regelmäßig Kanonen ausgetauscht werden.

Die zwischenzeitliche Anschaffung der elektrischen Zündanlage erhöhte nicht nur die Sicherheit durch die deshalb mögliche Fernzündung der Kanonen, sondern sie ermöglichte dadurch auch die Zündung der einzelnen Kanonen im Takt der Musik bei der Parade an Schützenfest, wodurch das „Böllern in Hemmerden“ auch weit über die Dorfgrenzen hinaus bekannt wurde. Auch viele erstaunte Ehrengäste der Hemmerder Paraden (Weihbischöfe, Bundesminister, Diözesanvorstände) haben es sich regelmäßig nicht nehmen lassen, die Zündanlage mindestens zu begutachten, teilweise aber auch (mit Unterstützung der Sprengmeister) selber abzufeuern.

Warum böllert die Bruderschaft an „Schützenfest“ in den Corona-Jahren 2020 /
2021, auch wenn keine öffentlichen Veranstaltungen stattfinden???

In Hemmerden wird an vielen Terminen geböllert. Zum Beispiel an Fronleichnam wenn der Königsvogel fällt, an Schützenfest zur Krönung, zu den Paraden oder auch zur Schützen-Messe am Sonntagmorgen. Aber auch das Wecken am Sonntagfrüh um 6 Uhr gehört seit vielen Jahrzehnten
in Hemmerden zum Schützenfest als feste Tradition dazu. Schon auf einem alten Hemmerder Schützenfest-Plakat aus dem Jahre 1909 wird die „Réveille“ (zu deutsch: das Aufwachen / Wecken) für Sonntagmorgen um 6 Uhr angekündigt. Nur dieser alten Tradition haben wir es zu verdanken, dass wir in Hemmerden noch bis heute an Schützenfest frühmorgens um 6 Uhr wecken dürfen, womit wir im gesamten Stadtgebiet auch ein Alleinstellungsmerkmal unter allen 22 Kirmesgesellschafen und Bruderschaften haben. Diese Sonderstellung für Hemmerden ist sogar in der „Böllerverordnung der Stadt Grevenbroich vom 30.03.2004“ festgehalten. Hier heißt es:
§1 Persönlicher, örtlicher, sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich (3) Das Böllern ist nur in der Zeit von 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr, in der Zeit vom 15.04. bis 30.09. eines Jahres bis längstens 22:00 Uhr zulässig. In der Ortschaft Hemmerden, wo traditionell an Schützenfestsonntagen vor 08:00 Uhr geböllert wird, bleibt dieses so lange gestattet, wie diese Tradition tatsächlich ununterbrochen fortgeführt wird. Der Schutz der Nachtruhe bleibt unberührt.

Damit wir also in Zukunft – nach Ende der Corona-Pandemie – auf Schützenfest auch weiterhin traditionell Sonntag morgens um 6 Uhr böllern dürfen, um „böse Geister zu vertreiben und die anstehende Zeit mit guten Vorzeichen zu beginnen“, wird auch in diesem Jahr das „Böller-Team“ um Jürgen Wolf am Schützenfest-Sonntag um 6 Uhr wieder die Kanonen der Bruderschaft laden und für alle weithin hörbar mit der elektrischen Zündanlage abfeuern….

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