Vorstellung Lützower Jäger von 1923
„Eine Zuggeschichte gibt es leider nicht.“ So lautete Hans Scheeres‘ (* 1930; † 2012) Antwort als damaliger Hauptmann (und bis zu seinem Tode Ehrenhauptmann) des Zuges auf ein Zeitungsinterview zum goldenen Zugjubiläum im Jahre 1973.
Gesichert ist, dass die Lützower Jäger im Jahre 1923 von zehn Mann unter Führung von Hauptmann Herbert Stock, der Stellmachermeister in der Nähe des Schnitzlerplatzes gewesen ist, in der damaligen Gaststätte „Kempski“ gegründet wurden.
Nach einer „Weltkriegspause“ fanden sich im Jahre 1948 neben Hans Scheeres weitere Kameraden unter der Führung von Hauptmann Karl Panzer in der Gaststätte „zum Burggrafen“ ein um eine Reaktivierung des Zuges zu beschließen.
Somit lässt sich festhalten, dass der Lützower Jägerzug abgesehen von kriegsbedingten Zwangsunterbrechungen zur 675 Jahrfeier der St. Sebastianus Schützenbruderschaft seit nunmehr 101 Jahren als Traditionszug und zweitältester Jägerzug fester Bestandteil im hemmerdener Regiment ist.
Schon im Laufe der ersten 25 Jahre nach Erstgründung sind, wie das Zitat von Hans Scheeres aus dem Jahre 1973 zeigt, viele Informationen zu Gründungsmitgliedern und Vereinsentstehung verloren gegangen. Anekdotisch erzählt man jedoch, dass (wie es in der Vergangenheit bereits bei mehreren Zügen aus Hemmerden der Fall war) sich zunächst einige junge Männer versammelten um einen eigenen Zug zu gründen, welcher zunächst ein Marinezug werden sollte.
Da die Bruderschaftsregularien (damals wie heute) jedoch keinen Marinezug zuließen, wurde scheinbar entschieden sich von dem üblichen Grenadierblau oder Jägergrün mit einer anderen Uniformfarbe abzusetzen.
Vielleicht ist die „Farbenwahl“ aber auch Zufall gewesen, da der damalige Uniformverleiher aus Korschenbroich keine anderen Uniformen zum Verleih verfügbar hatte.
Aus welchen Gründen auch immer fiel schließlich der Entschluss, sich an den Uniformen des 1813 von Major Ludwig Adolf Wilhelm von Lützow gegründeten „Lützow’schen Freicorps“ dessen Mitglieder auch „Lützower Jäger“ oder „Schwarze Jäger“ genannt wurden, zu orientieren, welche in den preußischen Befreiungskriegen gegen Napoleon mit schwarzen Uniformröcken, roten Applikationen und goldenen Knöpfen in Erscheinung traten und nebenbei somit den Grundstein für die Nationalfarben der damals noch jungen Weimarer Republik legten und welche mit Gründung unserer heutigen Bundesrepublik bis heute Gültigkeit behalten haben.
Als Randbemerkung sei an dieser Stelle erwähnt, dass uns im Rahmen unserer Recherche aufgefallen ist, dass es in der einen oder anderen Bruderschaft bzw. Schützengesellschaft im Düsseldorfer Raum wie auch bei uns in Hemmerden bis zum heutigen Tage „Abkömmlinge“ des Lützow’schen Freicorps gibt, dessen Gründungsmitglieder sich alle in den 1920er Jahren zu Zuggemeinschaften zusammenschlossen.
Gesellschaftlich und politisch beeinflusste Motive für die Vielzahl an „Lützowergründungen“ innerhalb von Schützengesellschaften und -bruderschaften in den Zeiten der Weimarer Republik nach dem Ende des Kaiserreiches sind daher auch als Möglichkeit für die Zuggründung in Hemmerden nicht auszuschließen.
In der hundertjährigen Vereinsgeschichte stellten die Lützower Jäger der hemmerdener Bruderschaft bereits sechs Könige. Diese waren:
- Josef Gillrath (1932)
- Gerhard Kleinermann (1948)
- Toni Schlaven (1949)
- Josef Müller (1961)
- Dieter Oehmen (1992)
- Frank Kluge (2011)
In der langen Vereinsgeschichte kam es ständig zu schwankenden Mitgliederzahlen, wobei diese in der Vergangenheit von gerade einmal acht aktiven Mitgliedern bis zu einem Höchststand von knappen 30 Mann Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts reichten.
Der Lützower Jägerzug war zu dieser Zeit so beliebt, dass man sich notgedrungen auf einen Aufnahmestopp einigte.
Der Grund dafür war recht trivial, denn da die Versammlungen an jedem ersten Samstag im Monat in privaten Räumlichkeiten -meistens bei dem damaligen Spieß Jörg Moras- abgehalten wurden, konnte eine derart große Zahl an Versammlungsteilnehmern von keinem der Mitglieder mehr in den zur Verfügung stehenden vier Wänden beherbergt werden.
Die Versammlungsabende wie auch alle anderen wilden Zusammenkünfte und Feierlichkeiten klangen stets erst spät in der Nacht bzw. in den frühen Morgenstunden des Folgetages aus.
Geselligkeit und Feierlaune sind bis heute ein Markenzeichen des Zuges.
Mit aktuell 13 aktiven Mitgliedern gehört der Lützower Jägerzug wie oben bereits erwähnt zu den Traditionszügen der Bruderschaft Hemmerden. Als Traditionszug mit über hundertjähriger Vereinsgeschichte zeichnet Ihn die bunte Mischung aus jungen und alten Mitgliedern aus, wobei die Einen von der Lebenserfahrung und die Anderen von der Dynamik ihrer Kameraden profitieren.
Das Vereinsleben spielt sich bei den „Lützowern“ nicht nur an Schützenfest ab. Die Geselligkeit der Schützenbrüder spiegelt sich in den regelmäßigen Aktivitäten eines jeden Jahres wider.
Zu einem Höhepunkt des Jahres gehört die Weihnachtsfeier, zu der man sich gerne mit allen passiven und aktiven Zugkameraden nebst Frauen und Kindern trifft, um auf den Nikolaus zu warten, welcher auch dem einen oder anderen Zugmitglied gerne mal die guten und schlechten Taten zur Belustigung aller Anwesenden aus dem goldenen Buch vorliest.
Das jährlich stattfindende interne Zugkönig- und Pokalschießen sind genauso etabliert wie das Pokalkegeln.
Besonders beliebt ist „der letzte Ausflug vor Schützenfest“, welcher traditionell am letzten Samstag vor dem Jahreshöhepunkt des Schützenjahres des Öfteren in Form einer Planwagenfahrt abgehalten wird und dabei dem ein oder anderen Schützen schon mehrfach einen ordentlichen Kater zugefügt hat.
Alle Jahre wieder finden auch Mehrtagesfahrten statt, welche zusätzlich für ausgelassene Stimmung im Zug sorgen. Auf diese Weise wurden in den letzten Jahrzenten einige Orte der Moselregion besucht, so auch größere Städte wie die Hansestadt Hamburg 2009 oder das Partyhotel Beverland 2012 in Ostbevern. Unvergessen und allen „Altgedienten“ in Erinnerung bleibt der Campingausflug nach Hausen Anfang der Neunziger Jahre mit nahezu 30 aktiven Schützen, bei dem bis spät in die Nacht noch Bierfässer angeschlagen wurden, welche man schon tagsüber in der Rur deponierte um diese ausreichend zu kühlen, während man sich die Zeit mit Rodeo-Reiten auf Freilandrindern vertrieb, was für den einen oder anderen Lützower mit einer weichen Landung in einem Kuhfladen endete.
Die Jubiläumsfahrt zum hundertjährigen Bestehen des Zuges ging im Jahre 2023 übrigens ins schöne und geschichtsträchtige Heidelberg.
Der Lützower Jägerzug schaut genau wie andere Zuggemeinschaften in der heutigen Zeit mit Sorge auf die schwindenden Mitgliederzahlen, ist jedoch stets motiviert neue Interessenten zu werben und dauerhaft zu binden um auch in den nächsten einhundert Jahren seine mittlerweile zwei Standarten mit Stolz hochhalten zu können.
In diesem Sinne freuen wir uns im Jahre 2024 an der 675-Jahrfeier teilnehmen zu können und hoffen als Teil der St. Sebastianus Schützenbruderschaft von Hemmerden, dass diese noch lange besteht und wir auch zukünftig mit von der Partie sind.
Link zum Artikel „100 Jahre Lützower Jägerzug“
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