/ November 15, 2020

In diesem Jahr werden wir nicht gemeinsam der Opfer von Krieg- und Gewaltherrschaft gedenken. Aufgrund der Coronapandemie halten wir es für richtig, uns zurzeit nicht in Gruppen zu sammeln.

Es ist aber die Zeit an diejenigen zu denken, die Jahre ihres Lebens – oder ihr Leben – geopfert haben um in sinnlosen Schlachten zu kämpfen, diejenigen, die erschossen wurden, weil sie Freiheit forderten und die Diktatur zu beenden suchten, diejenigen, die Hunger litten und nicht wussten, ihre Kinder durch den Winter zu bringen und nicht zuletzt derjenigen, die sich wegen ihres Glaubens, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen oder politischen Orientierung vor ihren Mördern verstecken mussten, die deswegen deportiert, geschunden und ermordet wurden.

Der November ist die Zeit unserer Toten zu gedenken und der Volkstrauertag eben der genannten Opfer, dies sieht aber nicht jeder so. Ein Anteil unseres Volkes möchte lieber sich in Massen versammeln, ihre immensen Freiheitseinschränkungen beklagen und gegen die „Merkel-Diktatur“ aufbegehren. Es ist ihr Recht. Dieses wird ihnen gewährt. Sie dürfen sagen, was ihre Meinung ist und dies in aller Öffentlichkeit und landes- sowie weltweit in allen Medien.

Die Opfer des Faschismus auf deutschem Boden durften all dies nicht. Sie konnten weder ihre Meinung frei äußern, noch hatten sie einen Rechtsstaat hinter sich, der sie geschützt hätte.

Die Hitlerdiktatur begann mit der Einschränkung von Rechten, insofern ist es gut, dass wir Deutschen sensibel auf eben so etwas reagieren. Kurzzeitige Einschränkungen persönlicher Bewegungsfreiheiten oder des eigenen Vergnügens zu den Auswüchsen einer Diktatur zu erklären, wird aber weder der derzeitigen Situation gerecht, noch dem Opfer, was Millionen von Menschen unter der tatsächlichen Diktatur erbracht haben.

Sich selbst diese Rolle zuzuschreiben gleicht einer Verhöhnung derer, die durch den Faschismus in Deutschland ihrer Leben verloren haben. Auch, um sie zu würdigen, sollten wir uns bescheiden und Kritik mit Maß und Verstand üben.

Wir leben in einer Zeit der Krise, die wir gemeinsam bewältigen werden. Gemeinsam im Land, gemeinsam in Europa, gemeinsam in der Welt. Wenn wir dies schaffen, dann hätten wir das Opfer unserer Vorfahren geehrt. Dann hätten wir gezeigt, dass wir gelernt haben, dass egoistisches und nationalistisches Verhalten nicht zu Gutem führt. Verhalten, dass zu ihrem Leid führte.

Möge ihr Opfer nicht vergebens sein.

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